Green UX Patterns – Goldene Regeln für mehr Nachhaltigkeit
Der Klimawandel ist kein Problem von morgen, sondern von heute: daran erinnern uns täglich neue Studien, Artikel und Warnungen von Wissenschaftlern, Aktivisten und Politikern. Wir wissen, es ist dringend – aber wie können wir unseren Beitrag leisten?
In unserem Blogartikel Green UX – können UX Designer die Welt verbessern? beleuchten wir dieses Thema aus der UX-Design-Perspektive und geben eine Einleitung in Green Patterns. Mit den folgenden goldenen Regeln möchten wir diese noch einmal vertiefen und Ihnen Beispiele für die hands-on Umsetzung in der Realität geben. Das ist nicht nur für UX Designer interessant, sondern auch für alle, die ihren (digitalen) Konsum bewusster gestalten wollen.
Denn um unseren Beitrag leisten zu können, müssen wir Antworten finden auf die Frage: Wie können wir nachhaltige Entscheidungen fördern?
1. Geben Sie Nutzern sanfte Schubser
Nudges sind Gestaltungselemente, die Nutzer bei Entscheidungen unaufdringlich in eine bestimmte Richtung lenken sollen. Dabei geht es nicht darum, Nutzer zu bevormunden – eher soll ihnen die entsprechende Entscheidung schmackhaft gemacht werden.
Die Suchmaschine Ecosia zum Beispiel pflanzt für jede Suchanfrage einen Baum und hebt nachhaltige Suchergebnisse mit einem Blatt-Icon hervor. Das wird intuitiv mit Nachhaltigkeit verbunden und ist trotzdem dezent genug, sodass Nutzer eine freie Entscheidung treffen können.
2. Helfen Sie Nutzern, nachhaltige Produkte zu finden
Ihr Online Shop enthält nachhaltige Produkte? Perfekt! Filter zu Nachhaltigkeitskriterien unterstützen Ihre Nutzer optimal, das passende Produkt zu finden. Immer mehr Online Shops, darunter Zalando, baur oder der Avocadostore, nutzen solche Filter und zeigen damit, dass Nachhaltigkeit auch im Mainstream angekommen ist.
Während man bei Zalando lediglich nach Nachhaltigkeit filtern kann, gehen baur und Avocadostore einen Schritt weiter: Hier können Nutzer aus vielen nachhaltigen Kriterien und Labels wählen. Damit geben sie Herstellern einen zusätzlichen Anreiz, Nachhaltigkeit anhand von Kriterien zu erheben und als Konsequenz Herstellungsprozesse langfristig in Frage zu stellen und anzupassen.
3. Machen Sie Nachhaltigkeit einfach
Besonders wertvoll ist ein Service, wenn er Nutzerziel und allgemeinen positiven Mehrwert zusammenführt.
Die Bank ING-DiBa bietet eine Funktion, mit der überbleibende Centbeträge eines Einkaufs automatisch auf ein Unterkonto überwiesen werden. Dieser Betrag kann dann gespart werden – oder wird automatisch als Spende an das UN-Kinderhilfswerk UNICEF überwiesen. Amazon fährt ein ähnliches Modell: 0,5% des Werts von Amazon-Smile-Einkäufen können optional gespendet werden – ganz ohne Mehrkosten. Natürlich fallen Konzerne wie Amazon normalerweise eher durch einen negativen ökologischen Fußabdruck auf, aber kleine Ansätze dieser Art könnten den Weg zu nachhaltigen Veränderungen ebnen.
4. Lassen Sie Nutzer selbst bestimmen
Ideen wie die Spende von Kleinstbeträgen geben Nutzern ohne viel Mühe ein gutes Gefühl. Noch besser ist es jedoch, wenn sie selbst entscheiden können, wo das Geld hingeht. Damit stellen Sie sicher, dass sich unterschiedliche Zielgruppen mit dem Zweck der wohltätigen Einrichtung (und damit auch mit Ihnen) identifizieren können.
Humble Bundle bietet verschiedene digitale Spiele-, Software- und Bücher-Sammlungen nach einem Pay-As-You-Want-Prinzip. Jedem ist ein wohltätiger Zweck zugeordnet, welcher beim Kauf unterstützt wird. Dabei können Nutzer selbst bestimmen, wer welchen Anteil des Kaufbetrages erhält – bei manchen Bundles dürfen sie sogar eine eigene Wohltätigkeitsorganisation auswählen.
5. Bieten Sie eine Kompensationsmöglichkeit
Manche Aktivitäten sind leider aus nachhaltiger Sicht einfach nicht schönzureden. Dennoch können sie für bestimmte Nutzerziele nötig sein. Diesen negativ-konnotierten Aktionen einen positiven Twist zu verleihen verbessert nicht nur das Gewissen der Nutzer, sondern bietet auch eine Chance, Treibhausgase „auszugleichen“.
Die Airline Lufthansa bietet ihren Kunden an, den CO2-Gehalt einer Flugreise durch Mehrkosten auszugleichen. Dieses Geld wird dann entweder kurzfristig in sogenannten „nachhaltigen Treibstoff“ investiert oder dafür genutzt, Bäume zu pflanzen. Inwiefern so ein Ablass-Modell sinnvoll ist, kann zur Diskussion gestellt werden, insbesondere weil die CO2-Kompensierung nicht per default aktiviert ist. Mindestens aber kann die Maßnahme Augen öffnen, da die Daten für CO2 individuell auf Basis des ausgewählten Fluges berechnet werden und damit die Konsequenzen des eigenen Konsumverhaltens direkt aufzeigt.
6. Betonen Sie nachhaltige Optionen
Transparente Kommunikation gehört zum Einmaleins der nutzerzentrierten Gestaltung, Überforderung verhindern aber auch. Informationen sollten nicht überfrachtet, sondern zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle angezeigt werden – auch wenn es um Nachhaltigkeit geht.
Der Service Skyscanner hebt Ergebnisse hervor, die am umweltfreundlichsten sind, ohne dabei mit Informationen zu überfrachten. Vorausgesetzt, der dahinterliegende Algorithmus berechnet die Freisetzung von CO2 akkurat, schafft dies einen Mehrwert für den Nutzer. Noch besser wäre es, wenn auch die Kriterien dieser Bewertung transparent kommuniziert würden.
7. Hinterfragen Sie Ihren Status Quo
Auch abseits von Design-Entscheidungen gibt es Möglichkeiten, den eigenen Fußabdruck zu verkleinern. Wann haben Sie beispielsweise das letzte Mal Ihre Bank kritisch hinterfragt?
Sogenannte Fintechs, also Unternehmen im Bereich der Finanztechnologie, setzen auf Algorithmen, um das Bankwesen zu entstauben. Was das bringt? Beispielsweise wird bei der Tomorrow Bank das Geld in nachhaltige Projekte investiert. Zusätzlich wird jede Kartenzahlung in Regenwaldschutz übertragen und mit Abschluss des zusätzlichen Services Zero der eigene CO2-Fußabdruck ausbalanciert.
Doch auch ohne Zero stellt sich die Frage: Warum das Geld nicht direkt bei einer nachhaltig orientierten Bank anlegen? Die GLS Bank und die Umweltbank haben sich beispielsweise sozialen Projekten und der Nachhaltigkeit verschrieben.
Ob der Wechsel von Bank oder Stromanbieter, ob eine Reduktion von Druckaufträgen oder die Einführung von verpackungsfreien Snacks in der Firmenküche: Es lohnt sich immer wieder, den Status Quo genau zu betrachten und kritisch zu hinterfragen – zugunsten unseres Planeten.