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ETIM 2025: Zwischen Daten, Diagnosen – und der Frage, wer sie eigentlich nutzen soll

Ein Blick zurück auf zwei intensive Tage über KI in der Medizin – und was gute Usability damit zu tun hat. Ein Bericht von der „ETIM – Emerging Technologies in Medicine Conference“ in Essen im März 2025.

Ein Vortrag in einem Hörsaal auf der ETIM

Zwei Tage lang trafen sich Expert:innen aus Medizin, Forschung und Technologie, um über die Rolle von Künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsversorgung zu diskutieren. Was kann KI heute schon – und was muss passieren, damit sie in der klinischen Praxis wirklich nützt?

Ich durfte usability.de bei der Konferenz vertreten und in meinem Vortrag zeigen, warum dabei Usability und menschzentrierte Entwicklung eine zentrale Rolle spielen – und warum es eben nicht reicht, ein AI-Feature zu bauen, wenn niemand damit arbeiten möchte.

Daten, Sensoren, Systeme – aber auch Nutzer:innen

Ein Vortrag auf der ETIM

Schon der erste Konferenztag setzte den Ton: Expert:innen von Borussia Dortmund, der NFL, der RWTH Aachen oder dem Universitätsklinikum Heidelberg zeigten, wie Daten aus Wearables, Sensorik und medizinischer Diagnostik bereits heute eingesetzt werden, um die Leistung und Gesundheit von Spitzensportler:innen zu steuern. Themen wie Injury Prediction, automatisierte Bildanalyse, Biomarker-basierte Diagnostik und der Einsatz generativer Modelle zogen sich wie ein roter Faden durch die Vorträge.

Im zweiten Konferenzblock rückte dann zunehmend die Frage ins Zentrum, wie diese Technologien in den Alltag der Medizin integriert werden können. Genau hier habe ich mit meinem Vortrag angesetzt.

usability.de Vortrag: “Usability Matters – Healing Healthcare through User-Centered Design”

Steffen Weichert als Redner auf der ETIM

In meinem Vortrag ging es darum, wie wichtig es ist, digitale Lösungen von echten Nutzer:innen und realen Arbeitsabläufen her zu denken – besonders, wenn es um KI im klinischen Kontext geht.

Ich habe Beispiele aus verschiedenen Healthcare-Projekten gezeigt, unter anderem aus unserer langjährigen Zusammenarbeit mit Siemens Healthineers, bei der wir intensiv mit Ärzt:innen aus den Disziplinen Radiologie, Onkologie und Pathologie zusammenarbeiten. Aber auch andere Projekte mit den Zielgruppen Patient:innen und Chirurg:innen kamen vor.

Die zentrale These:

“Let’s not build systems that force people to adapt to our ideas. Let’s adapt to our users and their working routines.”

Ich habe Symptome gezeigt, die wir immer wieder beobachten – etwa Interfaces, die nicht zu den tatsächlichen klinischen Workflows passen, wichtige Informationen nicht sichtbar machen oder neue Funktionen einführen, ohne den eigentlichen Use Case zu hinterfragen. Und ich habe dargestellt, wie wir durch User Research, Journey Mapping, Paper Prototyping und gezielte Usability-Tests zu besseren Lösungen kommen – und manchmal auch Ideen ganz bewusst verwerfen.

Der Vortrag auf der ETIM von Steffen Weichert als Graphic Recording

Kleine Zahl, große Erkenntnis

Im Anschluss gab es spannende Gespräche mit dem Publikum – etwa zur Frage, wie viele Nutzer:innen wir für unsere Usability-Tests eigentlich brauchen. Vielleicht weil viele Konferenz-Beitragende aus dem Bereich quantitativer Forschung kommen, war es für einige überraschend, dass man für die Identifikation klarer Usability-Probleme oft nur 5–8 Teilnehmende pro Zielgruppe braucht – gerade in der frühen Phase. Für fundierte UI-Standards sind natürlich größere Stichproben nötig – aber das iterative Vorgehen mit kleinen Gruppen ist oft genau das, was Teams voranbringt.

Ein weiterer schöner Moment war das kurze Schuldbekenntnis einiger Teilnehmender nach meinem Hinweis auf das „Sparkle“-Icon. Dieses Icon wird aktuell häufig mit KI-Features assoziiert – aber genauso oft für Funktionen verwendet, die gar nichts mit KI zu tun haben. Einige der Zuhörer:innen gestanden mir im Nachgang: „Wir haben das auch gemacht. Da fühlte ich mich ertappt.“ Solche Momente zeigen, wie wichtig es ist, dass wir als UX-Community bewusst mit Symbolen und Nutzererwartungen umgehen – gerade im AI-Kontext.

Abschluss mit Ausblick

Eindrucksvoll war der abschließende Beitrag von Univ.-Prof. Dr. med. Felix Nensa, der nicht nur wissenschaftlicher Leiter des ETIM ist, sondern auch Teil unseres gemeinsamen Projekts mit Siemens Healthineers. Er zeichnete ein klares Bild der Zukunft der Radiologie – nicht als von KI ersetzte Disziplin, sondern als multimodale Entscheidungsinstanz, in der Radiolog:innen Daten verschiedenster Quellen orchestrieren.

“Radiologists’ role is evolving from image interpreters to diagnostic orchestrators in a multimodal era.”

Für uns als UX-Professionals bedeutet das: Wir müssen noch viel stärker verstehen, was diese und andere Rollen in Zukunft brauchen, welche Daten sie wie nutzen – und wie wir Interfaces gestalten, die unterstützen statt überfordern.

Und sonst? Eine durchdachte Konferenz

Networking auf der ETIM

Neben den inhaltlichen Beiträgen ist mir auch das Konferenzerlebnis selbst in Erinnerung geblieben – ja, ich erkenne eine gute Experience, wo mir eine gute Experience begegnet 😉

Schon vorab informierte eine perfekt getimte Info-Mail uns Speaker über alle Details – kein Vergleich zum klassischen „Wo muss ich hin und wie ist der technische Ablauf vor Ort?”. Der Upload der Vortragsfolien lief über eine extrem einfach zu bedienende Cloudlösung – und beim Mikrofonwechsel auf der Bühne wurde ich gefragt, ob ich lieber selbst verkabeln möchte. Ein kleiner Moment der Rücksicht – aber ein eindeutiges Zeichen für eine User-Centered Denkweise auch hinter den Kulissen: „Was braucht ein gespannt-aufgeregter Sprecher wohl am ehesten?”.

Fazit

Die ETIM 2025 hat gezeigt, wie groß das Potenzial datengetriebener Medizin ist – und wie viele Disziplinen daran beteiligt sind, diese Zukunft zu gestalten.

Als UX-Expert:innen können wir einen entscheidenden Beitrag leisten – indem wir nicht nur Funktionen und Interfaces entwickeln, sondern Arbeitsrealitäten verstehen und respektieren.

Steffen Weichert für usability.de

 

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Hinweis zum Einsatz generativer KI

Bei der Erstellung dieses Beitrags kam generative KI als unterstützendes Werkzeug zum Einsatz. Die inhaltlichen Ideen, Erfahrungen und die Struktur basieren auf dem Vortrag und den Erlebnissen des Autors beim ETIM-Kongress. In einem kollaborativen Schreibprozess wurde der Text mithilfe von ChatGPT sprachlich ausgearbeitet und redaktionell verfeinert. Der finale Beitrag wurde vom Autor sorgfältig geprüft, überarbeitet und gibt die persönliche Perspektive des Autors wieder.

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