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UX STRAT Europe 2015 – UX Strategie Konferenz in Amsterdam

Auf der UX STRAT 2015 stand die strategische Bedeutung von UX Design im Mittelpunkt. Rund 200 UX Professionals aus allen Ecken der Welt trafen sich vom 4. bis 5. Juni in Amsterdam. usability.de war mit unserem UX Consultant Kai Robin Grzyb dabei.

UX Strategie bezeichnet den Ansatz, User Experience (UX) bzw. Customer Experience (CX) Design als strategischen Erfolgsfaktor für ein Unternehmen zu nutzen. Bisher werden meist nur einzelne Produkte oder einzelne Serviceleistungen mit Hilfe von UX Experten optimiert. Häufig ist das Kind dabei schon in den Brunnen gefallen:

Die Conversion-Rate der Website entspricht nicht den Erwartungen, die Service Hotline ist überlastet oder das Produkt findet keine Kunden. Jedoch erkennen mehr und mehr Unternehmen, dass es profitabel ist, UX Design strategisch, d. h. für die langfristige Entwicklung der Firma, zu nutzen. UX Strategen helfen entweder als externe Berater oder als in-house Experten Veränderungen einzuleiten und zu begleiten, die notwendig sind, um UX Know-How und Methoden im Unternehmen zu etablieren. Eine entwickelte UX Strategie dient dann als Leitlinie für alle UX Design relevanten Prozesse von der Nutzerforschung über die Ideenfindung bis hin zur Definition der KPIs (Leistungskennzahlen).

Firmen haben den Kontakt zu ihren Kunden verloren

Für viele Unternehmen kommt bereits das Kennenlernen der eigenen Kunden einem Paradigmenwechsel gleich. Wie weit Firmen von ihren Kunden entfernt sind, wurde unter anderem von Gerry McGovern (@gerrymcgovern) in seiner Keynote „What’s NEW about UX Strategy“ eindrucksvoll aufgezeigt.

Gerry McGovern au der UX STRAT 2015

Gerry McGovern skizzierte das Bild einer Wirtschaft, die durch die Digitalisierung den Kontakt zu ihren Kunden verloren hat. Und die Kluft wird größer. Die Agentur Gartner schätzt, dass bis 2020 85% aller Kundenkontakte ohne die Interaktion mit einem Menschen stattfinden werden.

„Technology has come between the costumer and companies“
– Gerry McGovern

Zum Problem wird dabei, dass 80 % der Firmen das Gefühl haben, eine exzellente UX bzw. CX anzubieten, während nur 8 % der Kunden diese Einschätzung teilen. Die Digitalisierung wird begleitet von immer größeren Ausgaben für Online Werbung. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Werbebanner angeklickt wird nur 0,04 % – was etwa der Wahrscheinlichkeit entspricht, vom Blitz getroffen zu werden.

Gleichzeitig unterscheidet sich die Kunden des 21. Jahrhunderts, sogenannte Millenials, grundlegend von den Kunden vor 20 Jahren. Auf Behauptungen wie „Ihr Anruf ist wichtig für uns“ und „Probieren Sie es aus, es ist ganz einfach“ reagieren die Kunden mit zunehmender Skepsis. Obwohl in der Werbung immer wieder behauptet wird, dass sich Treue zu einer Marke auszahlt, ist es günstiger zur Konkurrenz zu wechseln und einen Neukundenvertrag abzuschließen.

Die Kluft überwinden

Deshalb ist es für Firmen entscheidend, neue Berührungspunkte in der digitalen Welt den Nutzerbedürfnissen entsprechend zu gestalten. So kann verloren gegangenes Vertrauen zwischen Firmen, Marken und Produkten auf der einen Seite und Kunden auf der anderen Seite zurückgewonnen werden. An dieser Stelle helfen UX Experten die Lücke zwischen Firmen und Kunden zu schließen. Denn die digitalisierte Welt bietet auch reichhaltige Möglichkeiten etwas über den Nutzer zu lernen. Ein erster Schritt dabei ist es, herauszufinden, welche Aufgaben die Nutzer mit dem Produkt lösen wollen.

Annie Stewart (@AnnieStewart) zeigte in ihrem Vortrag „Building a UX Strategy for Europe“ am Fallbeispiel „Europäische Kommission“, wie wichtig dieser Schritt ist. Eine umfangreiche Untersuchung der Top Tasks zeigte, dass die sechs häufigsten Aufgaben, die Nutzer auf den Websites der Kommission lösen wollen, bereits 25 % der Nutzerbedürfnisse abdecken. Das heißt, dass bereits die Optimierung eines Bruchteils der vielen hundert Nutzungsszenarien die UX der Websites deutlich voranbringt. Zur Überraschung der Stakeholder zeigte sich außerdem, dass die meisten Besucher aus beruflichen und nicht aus privaten Gründen auf die Websites kamen.

„Culture eats strategy for breakfast“

Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung einer UX Strategie ist ein kultureller Wandel im Unternehmen. Der Satz „Culture eats strategy for breakfast“ wurde auf der Konferenz oft zitiert. In den breakout Sessions zwischen den Vorträgen, die dem Erfahrungsaustausch dienten, berichteten viele Teilnehmer, wie erst durch die Beteiligung und das Commitment der Geschäftsführung ein nachhaltiger Prozess im Unternehmen angestoßen werden konnte. Genauso wurde betont, wie wichtig es ist, das sogenannte Silo-Denken zu überwinden. Oftmals arbeiten Teams im Unternehmen völlig getrennt voneinander, obwohl sie zusammen maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg der UX beitragen. In vielen weiteren Vorträgen wurde anhand von Praxisbeispielen gezeigt, wie UX Strategien nicht nur kurzfristig zu einer besseren UX führt, sondern langfristig dem Unternehmen zu neuem Innovationspotential verhilft. Ein weiteres wiederkehrendes Thema waren Daten. Sei es die Bedeutung von Big Data, den Chancen und Herausforderungen des Internets der Dinge, oder die Zugänglichkeit von Analytics Daten – immer ging es darum, wie UX Experten aus diesen Daten Erkenntnisse ziehen können. Die verfügbaren Daten ermöglichen es, den Nutzer und seine Bedürfnisse so genau kennenzulernen wie nie zuvor. Auch bieten die Daten mehr und mehr Möglichkeiten mit Hilfe von UX Metriken und KPIs den Stand der UX zu bestimmen. Dadurch wird der (unternehmerische) Erfolg von UX Maßnahmen für das Management greifbar.

Fazit

Interessierten können wir die perfekt organsierte Konferenz sehr empfehlen. Die Qualität der Vorträge war sehr hoch. Durch den überschaubaren Rahmen (200 Besucher, keine parallelen Veranstaltungen) gab es einen intensiven kollegialen Austausch in entspannter Atmosphäre. Und dank der Sponsoren war auch für das leibliche Wohl gesorgt. Wir werden nächstes Jahr bestimmt wieder dabei sein!

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